Aus Ducky wird ver.di. Tschüss Markus

Frühling, Zeit für Neues – auch für Markus Wichmann. Aus Ducky wird ver.di. Nach Jahren im Seemanns club DUCKDALBEN und als Leiter der Seafarers´ Lounges, den Dependancen der Seemannsmission an den Kreuzfahrt-Terminals, wird Markus Inspektor der Internationalen Transportarbeiterföderation ITF.

Frühling lässt sein blaues Band flattern durch die Lüfte. So freut sich der Dichter Möricke auf den Frühling. Bei Markus Wichmann wird das blaue Band  zum Blauen Peter. So heißt die Flagge, die gehisst wird, wenn ein Schiff ausläuft: Markus wechselt Anfang März den Job aber nicht seine Berufung. Als Gründer und Leiter der Seafarers´ Lounges kümmerte er sich unter dem Banner der Seemannsmission um die Crews der Kreuzfahrtschiffe. Künftig  ist Markus einer von weltweit über 150 ITF-Inspektoren, die sich gegen Lohn- und Sozialdumping in der Seeschifffahrt einsetzen, wenn sie auf einem Frachter unter Billigflagge überraschend aufkreuzen und eine Blick auf Mannschaftsunterkünfte oder auf Verträge werfen.

Er bleibt also den Seeleuten treu – „nur“ in anderer Funktion. Denn schon recht früh merkte Markus, dass Theorie und Praxis zwei Paar Schuhe sind. Gleiches gilt für Seewirtschaft und Seemannsmission.  Also entschied sich Markus nach dem Studium der Betriebswirtschaft für Praxis und Seemannsmission: „Weil die Wirtschaft in ihrer jetzigen Form nichts für mich ist“. Der 47Jährige versteht sich seither als Anwalt der Seeleute –  egal wo. Dieses Engagement trieb den Kieler vor elf Jahren auf Neuland. Er gründete 2010 die erste Dependance der Seemannsmission im Hamburger Hafen, die nur für Diensttuende der Dreamliner gedacht ist. Als diese Lounge ihr Logis im Terminal der Hafen City bezog, wünschte  der damalige Erste Bürgermeister Ole von Beust, „dass die Lounge ein Ankerplatz wird, an dem man sich gut aufgehoben fühlt!“ Denn: Bisher gab es in Nähe des Hamburg Cruise Center keine Anlaufmöglichkeit für Menschen, die einen Ort der Ruhe und Besinnung suchten. Motto Anno 2010: Auch die Crews der Kreuzfahrtschiffe brauchen support of seafarers‘ dignity.

Die neuen Lounges sind ein Gemeinschaftsprojekt der Seemannsmissionen Hamburg-Altona und Hamburg-Harburg sowie der Deutschen Seemannsmission in Hamburg e.V. . Sie verlangten – auch für die Seemannsmission – neu zu denken. Plötzlich kamen viele Frauen von Bord, die andere Dinge als Männer in den Shops nachfragten. Plötzlich war der Seemann nicht nur der im seemännischen Dienst. Denn “auf See“ sind auch die Frau in der Wäscherei oder der Kabinensteward. Die Anforderungen an die Betreuung von Kreuzfahrtcrews sind andere: Wer monatelang mit einem Lächeln und wenig Geld für Traumschiffatmosphäre sorgen muss, hat zuweilen andere Anliegen als jemand, der neun Monate nur 15 Kollegen und Container sieht. Auch die räumliche Lage der Lounges verlangte einen Sichtwechsel. Anders als in Seemannsclubs sollten die Kreuzfahrtcrews unter sich bleiben, ungestört. Touristen hatten die Lounges zuweilen als exotisches Erlebnis betrachtet. Markus Wichmann: „Für mich sind die Lounges Orte, in denen soziale Verantwortlichkeit stattfindet. Oft verengt sich der Blick auf ökologische Dinge wie Nachhaltigkeit, Abgase und Landstrom. In den Lounges geht es um soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit.“ 

Und auch eine Kreuzfahrt hat zwei Seiten: Schein und Sein. „In den Lounges merkt man schnell, wie weit der Mythos von der Wirklichkeit entfernt ist. Man bekommt schnell mit, dass die schöne Welt eines Kreuzfahrschiffes nur möglich ist, weil viele dafür hart arbeiten müssen. Über viele Monate, für wenig Geld. Wer meint, dass auf Luxusschiffen die Arbeit einfacher als auf Frachtschiffen ist oder so komfortabel wie die Passage der Gäste, der irrt. So sind die Liegezeiten kürzer; dazu kommt eine besondere Situation für Hamburg: Da häufig die Passagiere wechseln, bleibt kaum Zeit zur Erholung.“

Seit dem Start reihen sich die Lounges wie Perlen entlang der „Schnur“ Elbe. Die „Orte“ heißen: Altona, Hamburg-Steinwerder (seit 2015)  und – wenn der Neubau des Terminals steht – wieder Hafen-City. Übergangsweise findet die Crew aber auch am Ausweichterminal Baakenhöft eine Anlaufstelle. Hier in einem speziell konzipierten Zirkuswagen, der dort als mobiler Crewpoint an der Kaikante steht. Anfangs waren es einige Tausend Besucher pro Jahr, inzwischen kümmern sich drei Festangestellte und viele Ehrenamtliche um jährlich etwa 30.000 (vor Corona) Besatzungsmitglieder der Kreuzfahrtschiffe. 

2020 sollte das Jubiläum gefeiert werden, mit Gästen wie Kirsten Fehrs, Bischöfin der Nordkirche sowie dem Paten der Veranstaltung, Michael Westhagemann, Präses der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, Moderator Yared Dibaba vom NDR. Aber Corona machte einen Strich durch die Feier.